Hallo! Ich hätte mal eine Frage zu den Oxidationszahlen. Wie macht man das genau? Wie wendet man die Oxidationsmittel/zahlen oder Reduktionsmittel anhand dieser Formeln an:
NH3, H2CO3, S8, H2SO4, HCLO4, HCL
Außerdem bekamen wir in der Schule den Auftrag bei den nächsten Gleichungen aufzuschreiben, was genau die Oxidationsmittel oder Reduktionsmittel sind wie z.B hier

2H2O2 = 2H2O + O2
Mg + 2HCL = MgCL2 + H2
Mg + CL2 = MgCL2
MgO + HCL = MgCl2 + H2O
4FE(OH)2 +O2 +2H2O = 4FE(OH)3

Besonders bei der >letzten versteh ich nichts mehr. Kann mir das jemand erklären????

Zunächst mal allgemein zu den Oxidationszahlen:
Wenn man ein Molekül hat, das irgendwie oxidiert wird, ist es oft sehr schwer zu erkennen, wo und wie denn die Oxidation (Elektronenabgabe; bei der Reduktion Elektronenaufnahme) stattfindet.
Deshalb zerlegt man "im Kopf" (also rein theoretisch) das Molekül in Ionen. Man tut also so, als sei es aus Ionen aufgebaut. Aber welche "Ionen" sind das dann?
Um das zu klären, schaut man einfach bei jeder Bindung, welcher Partner "stärker" ist, also was kräftiger an den gemeinsamen Bindungselektronen zieht. Diesem "stärkeren" Partner, den man an der höheren Elektronegativität erkennt, "gibt" man jetzt einfach die gemeinsamen Elektronen (rein theoretisch!) und schaut dann, welche "Ladung" er jetzt hat. Dem anderen Partner "fehlen" diese Elektronen, da schaut man auch, welche "ladung" er jetzt hat. Und diese "Ladungen" sind die Oxidationszahlen.
Beispiel: C hat die Elektronegativität (EN) 2,5; H hat 2,1; O hat 3,5.
Nehmen wir jetzt Methan, CH4. Es gibt vier gemeinsame Bindungspaare, die vom C weggehen. C ist der elektronegativere Partner, also schlägt man ihm alle Bindungselektronen zu. C "hat" jetzt also 8 Elektronen. Von Haus aus hat C aber nur 4 Aussenelektronen! Also "hat" C jetzt die "Ladung" 4- oder eben die Oxidationszahl 4-.
Wenn aber ein O-Atom auch noch am C hängt, wie bei Methanol, CH3OH, dann "bekommt" C nur noch die drei Bindungselektronenpaare zu den H-Atomen. Das macht 6 Elektronen. Das Paar zum O-Atom "bekommt" das O-Atom, es "hat" also statt vorher 6 jetzt 8 Aussenelektronen. Also ist C jetzt nur noch zweifach negativ "geladen", das O-Atom ebenfalls die "Ladung" 2-. Das sind jetzt die Oxidationszahlen.
Und die H-Atome? Nun, denen "fehlt" jetzt auch noch ihr einziges Elektron. Sie sind also 1+ "geladen", also sie haben die Ox.-Zahl +1.

Nun zu den Aufgaben:

NH3: N hat die EN 3,0 und H die EN 2,1. Also werden die Bindungselektronen dem N zugeschlagen; es hat dann nicht mehr 5, sondern 8 Elektronen und damit die "fiktive" Ladung -3. Das ist die Oxidationszahl von N.
Die drei H-Atome haben jetzt gar kein Elektron mehr und haben somit die "fiktive Ladung" (= Oxidationszahl) von jeweils +1.
H2CO3: H hat die niedrigste EN in dieser Formel. Damit haben die beiden H-Atome die Oxidationszahl von jeweils +1. O hat die höchste EN (3,5). Ihm gehören auf jeden Fall die Bindungselektronen. Da jedes O-Atom zweifach gebunden ist, hat es damit "zwei Elektronen mehr" (weil ihm die Bindungselektronen zugeschlagen werden) und damit haben die drei O-Atome die Oxidationszahl von jeweils -2.
Und das C-Atom? Das können wir jetzt so ausrechnen: Die beiden H-Atome haben jeweils die Oxidationszahl +1, macht zusammen also +2. Die drei O-Atome haben jeweils -2, macht zusammen also -6. Die Verbindung insgesamt ist aber neutral. Also muss das C-Atom mit seiner Oxidationszahl für den Ausgleich sorgen (weil die Summe der Oxidationszahlen in einer neutralen Verbindung selbstverständlich auch 0 sein muss): C muss also die Oxidationszahl +4 haben.
Rechnen wir nochmal zusammen: 2 H-Atome: +2, ein C-Atom: +4, drei O-Atome: -6, gibt zusammen Null!
S8: Das ist das Element Schwefel. Hier haben alle Atome die Oxidationszahl Null. Das Element ist ja nicht geladen!
H2SO4: Das geht so ähnlich wie bei H2CO3. S hat die Oxidationszahl 2,5 (wie das C-Atom). Die beiden H-Atome also jeweils +1, macht zusammen +2. Die vier O-Atome jeweils -2, macht zusammen -8. Dann muss also S die Oxidationszahl +6 haben, damit es zusammen Null ergibt.
HClO4: Cl hat die EN 3,0 und O die EN 3,5. H - wie schon gesagt - die EN 2,1. Also das H-Atom: +1. Die vier O-Atome jeweils -2, macht zusammen -8. Dann muss also das Cl-Atom die Oxidationszahl +7 haben! Macht zusammen wieder Null.
HCl: Hier ist es einfach. Cl ist sehr viel elektronegativer als H. H also +1, Cl -1. Zu den Gleichungen: Ein Oxidationsmittel ist ein Teilchen, das dafür sorgt, dass andere Teilchen oxidiert werden. Es sorgt dafür, indem es diesen anderen Teilchen Elektronen wegnimmt - logische Folge ist also, dass es selbst dabei reduziert wird, weil es ja diese Elektronen aufnimmt. Beim Reduktionsmittel ist es umgekehrt.

2 H2O2 -> 2 H2O + O2
Beim H verändert sich bezüglich der Oxidationszahl nichts - es ist immer mit O verbunden, und O ist nun mal elektronegativer. Aber beim O ändert sich was: In der linken Verbindung hat es die Oxidationszahl -1 (das ergibt sich aus der Summenrechnung: da das H-Atom nur die Oxidationszahl +1 haben kann und zwei H-Atome da sind, müssen also die beiden O-Atome für den Ausgleich sorgen und damit jeweils die Ox.-Zahl -1 haben). Rechts dagegen tauchen die beiden O-Atome in unterschiedlichen Bindungsverhältnissen auf: Einmal als Element O2 - und da ist die Oxidationszahl Null. Und einmal in H2O - da ist die Oxidationszahl -2 (du erinnerst dich, die Summe muss Null sein; Wasser ist ja schliesslich nicht geladen!).
Das heisst: Ein O-Atom wurde reduziert - von Ox.-Z. -1 nach Ox.Z. Null. Und das andere wurde reduziert - von Ox.-Z. -1 nach Ox.-Z. -2. (Oxidation ist die Wegnahme von Elektronen, also die Erhöhung der Oxidationszahl; Reduktion ist die Aufnahme von Elektronen und damit die Verringerung der Oxidationszahl) Das Oxidationsmittel ist also das O-Atom, das reduziert wurde (es hat vom anderen O-Atom ein Elektron genommen). Das Reduktionsmittel ist das O-Atom, das oxidiert wurde (es hat dem anderen O-Atom ein Elektron gegeben und dieses damit reduziert)
Mg + 2 HCl -> MgCl2 + H2
Beim Chlor hat sich ersichtlich nichts geändert: Es ist in diesem Vorgang das elektronegativste Element und hat jeweils die Ox.Z. -1 (auf der linken Seite: weil es mit H verbunden ist und H die Ox.Z. +1 hat; auf der rechten Seite: weil es mit Mg eine Ionenverbindung bildet und darin die tatsächliche Ladung -1 hat; die tatsächliche Ladung in Ionenverbindungen ist immer gleich der Oxidationszahl). Mg liegt links als Element vor - Ox.Z. also Null. Rechts dagegen bildet es eine Ionenverbindung mit Cl und ist hierin zweifach positiv geladen (Mg steht in der zweiten Hauptgruppe und hat also in Salzen die Ladung +2 und damit auch die Ox.Z. +2). Mg wird also oxidiert, es werden ihm zwei Elektronen weggenommen. Damit ist Mg auch das Reduktionsmittel (es sorgt also dafür, dass ein anderes Teilchen reduziert wird, indem es ihm diese beiden Elektronen gibt).
Und welches andere Teilchen nimmt nun diese beiden Elektronen, wird damit reduziert und wirkt somit als Oxidationsmittel auf Mg (indem es ihm diese beiden Elektronen wegnimmt)?
Nun, das kann nur H sein. Links liegt es mit der Ox.Z. +1 vor, rechts dagegen als Element und damit mit der Ox.Z. Null.
Mg + Cl2 -> MgCl2
Das sollte nun aber keine Probleme mehr machen!
MgO + 2 HCl -> MgCl2 + H2O
Hier ist genau genommen überhaupt keine Oxidation/Reduktion passiert! Jedes Teilchen, ob Mg, O, Cl oder H, hat links wie rechts exakt die gleiche Oxidationszahl. (Mg hat übrigens die EN 1,2 - wie bei allen Metallen also eine sehr niedrige EN).
4 Fe(OH)2 + O2 + 2 H2O -> 4 Fe(OH)3
Verändert hat sich bezüglich der Oxidationszahl beim H-Atom nichts - es ist immer mit "stärkeren" Teilchen verbunden. Beim O hat sich aber was verändert: Links liegt es als Element vor - also Ox.Z. Null. Rechts liegen die beiden hinzugekommenen (vorher in elementarer Form vorliegenden) O-Atome als OH(-)-Ionen vor.
In einem OH(-)-Ion hat das O-Atom die Ox.Z. -2; weil nur ein H-Atom mit Ox.Z. +1 da ist, hat also OH die Ladung -1.
Wir stellen also fest: Der elementare Sauerstoff (zwei Atome im Molekül; linke Seite der Gleichung) wurde reduziert (=mit jeweils zwei Elektronen versehen) zu zweimal O mit Ox.Z. -2 (rechte Seite der Gleichung; diese beiden O-Atome liegen in OH(-)-Ionen vor). Diese beiden O-Atome wirkten damit als Oxidationsmittel - sie haben diese jeweils zwei Elektronen nämlich einem anderen Teilchen "geklaut" und dieses andere Teilchen damit oxidiert.
Welchem anderen Teilchen aber wurden diese insgesamt vier Elektronen geklaut, welches andere Teilchen wurde also oxidiert und hat damit selbst als Reduktionsmittel (für die beiden O-Atome) gewirkt?
Ganz klar, da kommen nur die Fe-Atome in Frage. Auf der linken Seite ist jedes Fe-Atom mit zwei OH(-)-Ionen verbunden. Die Fe-Atome müssen also die Ladung von jeweils +2 haben (diese Ladung ist gleichzeitig die Ox-Z.) Rechts dagegen ist jedes Fe-Atom mit drei(!) OH(-)-Ionen verbunden. Jedes Fe-Atom muss also jetzt die Ladung +3 haben (und also die Ox.z. ebenfalls +3).
Die Fe-Atome wurden also oxidiert! Und haben damit als Reduktionsmittel gewirkt.